Bei der gegenwärtigen Debatte um Festplattenabgabe, die ‚Kunst hat Recht’ fordert, gibt es zu Recht unterschiedliche Sichtweisen. Es geht dabei um die Frage, wie wir mit den Fortschritten der Digitalisierung umgehen oder wie es Dirk von Gehlen sinngemäß in seinem Buch ‘Lob der Kopie‘ formuliert: Die digitale Kopie ist eine „historische Ungeheuerlichkeit“ – sie ist Fluch und Segen zugleich. Die Gesellschaft ist gefordert das Dilemma aufzulösen. Dafür braucht es die Akzeptanz des technologischen Fortschritts und die Einsicht, dass sich ständig ausdehnende Kontroll- und Ausschließungsmechanismen ebenso wenig eine akzeptable Lösung wie moralische Appelle wenig zielführend sind. Lesenswert ist dazu auch ein ‘Zeit’- Beitrag von Leonhard Dobusch, in der er die Idee eines ‚digitalen Kreativpakts’ von Philippe Aigrain rezensiert.
In der Debatte ums Urheberrecht scheinen sich insgesamt ‘die Fronten eher zu verhärten als aufzuweichen’. Dämonisieren’ bringt uns nicht weiter, die Suche nach ‚Gemeinsamkeiten’ aber schon. Konstruktive Vorschläge liegen auf den Tisch. Philippe Aigrain vom französischen Verein La Quadrature du Net hat so etwas versucht, in dem er einen ‚digitalen Kreativpakt’ formuliert hat. (Hier in einem kurzen Interview) Damit sollen Nutzer und Nutzerinnen das Recht erhalten, digitale Inhalte nicht-kommerziell zu teilen, im Ausgleich dafür werden Abgaben auf Breitbandanschlüsse eingeführt. In dem Artikel bringt es Leonhard Dobusch auf den Punkt: ‚Bei einem solchen Modell würde Kim Dotcom noch immer im Gefängnis landen, aber eine Totalüberwachung des Internets und die ständige Gefahr von Abmahnungen wären gebannt. Und die Kunstschaffenden würden besser gestellt.’
Der Vorschlag ist für mich deswegen interessant, weil er einen Brückenschlag in der ‚aufgerüsteten’ Debatte versucht: Vergütungsansprüche für KünstlerInnen zu garantieren und privates Filesharing entkriminalisieren. Es setzt bei der Überlegung an, dass die Suche nach neuen Geschäfts- und Nutzungsmodellen mehr Sinn macht und allen mehr bringt, als die Entwicklung neuer Methoden der Rechtsdurchsetzung oder Vorschläge zur Verschärfung des Urheberrechts. Diesen Weg der neuen Geschäftsmodelle geht übrigens auch die Kampagne “Don’t make me steal”, über die Jens Ihlenfeld in einem blog berichtet. Die Initiative macht einen Vorschlag: ‘ICH VERSPRECHE niemals einen Film illegal herunterzuladen, wenn es eine legale Alternative nach bestimmten Kriterien gibt.’ Die Brückenpfeiler wären eingeschlagen…..
P.S.: Unter KOMMENTAR DER ANDEREN erschienen jüngst im Standard ein Offener Brief von ‘Kunst-hat-Recht’-Aktivisten, die das Positionspapier des SPÖ-Klubs als Positionierung auf ‘Piraten-Kurs’ verurteilten. Am nächsten Tag erschien unter der selben Rubrik ein Kommentar als Reaktion von Tom Lohninger, Aktivist der Initiative für Netzfreiheit, in dem er kritisiert, dass die Forderungen von ‘Kunst-hat-Recht’ kein Problem lösen und ‘die notwendigen Änderungen nur hinauszögern’.